Wir sind auf der Hochebene, von wo aus man die weite Bucht von Cres überblicken kann. Weiter im Norden erscheint die bläulich-violette Silhouette Istriens und der Ucka. Direkt unter uns liegt der Vrana-See, ein kostbares Trinkwasserreservoir für die Insel, dessen Sauberkeit sehr sorgfältig vor Verschmutzung geschützt wird.
Über uns läßt sich ein Gänsegeier von der Brise hinwegtragen. Dieser Raubvogel ist ein großer Vagabund. Auf der Insel wird er geboren, nach einem Jahr fliegt er nach Griechenland. Dann besucht er Sizilien, Spanien und über Norditalien gelangt er nach Österreich. Von dort kehrt er auf die Insel Cres zurück, um sich an seinem Geburtsort zu paaren. In diesen Raum, der dem Blick klare Landschaften bietet und der in das Gemüt eine Atmosphäre der Entspannung und des Friedens einziehen läßt, sind Dörfer wie Orlec, Stivan, Pernat, Belej, Loznati eingebettet. Sie zeugen mit ihrer einfachen, nur das Wesentliche berücksichtigenden Architektur von einer unverdorbenen bäuerlichen Kultur, die sich bis in unsere Tage rein erhalten konnte, wie übrigens auch die Menschen unverdorben geblieben sind, und wie eh und je ihrem Tagwerk nachgehen. Menschen, auch sie Teil des Systems, das die Harmonie dieses kleinen Universums regelt. Die Erzeugnisse, die der spärliche Ackerboden hervorbrings, verströmen Düfte, die die Natur während der verschiedenen Jahreszeiten mit großer Weisheit hineingearbeittet hat, nämlich die unverwechselbaren Düfte von Lammfleisch, von Käse, Olivenöl, Feigen. Und dann noch eine Frucht, vielleicht die angenehmste: die aufrichige Gastfreundschaft als das greifbarste Zeichen einer ungebrochenen mediterranen Tradition.